Die Räuber der Karpaten

Zander . Waller

Mai/Juni 2015 . Rumänien . Donau

Martin Peters

In Zeiten des Mittelalters wurden die Widersacher vom Herrscher Vlad III Draculea zu tausenden auf langen Pfählen aufgespießt und hingerichtet, um seine Feinde vor weiteren Angriffen abzuschrecken. Was einst als gute Vorlage für die Legende des Vampir-Fürsten Dracula diente, sollte auch uns in die Karpaten führen. Auch wir wollten uns zwischen bedrohliche Holzpfähle begeben und Ausschau nach Wesen mit langen Eckzähnen halten! Nachdem die Donau stromab ihrer Schlucht durch die Karpaten, den Eisernen Toren, durch die Staustufen Iron Gates I und II angestaut wurde, versanken ganze Wälder in den Fluten. Dieses Unterwasserlabyrinth in Kombinationen mit schroffen Felsabbrüchen und Tiefen bis 90m gab den dort lebenden Zandern ausreichend Schutz vor Berufsfischerei und Wilderei, so hofften wir. Der Hauptzielfisch der bevorstehenden Angeltour war der Zander, doch auch Waller standen mit auf dem Programm. Wir waren gespannt auf ein völlig neues Gewässer, in welchem alles oder nichts möglich war!

Bevor im Jahre 1972 die Donau mit den Iron Gates I beruhigt wurde, galt die ca. 100km lange Passage durch einer der spektakulärsten Schluchten Europas als die gefährlichste Donaustrecke für die Schifffahrt. Wir hatten nun das „Vergnügen“, diesen Urzustand noch einmal erleben zu können, denn kurz vor unserer Anreise hatte Serbien die Staustufe maximal geöffnet, wegen einem Energiestreit mit Rumänien. So fanden wir nun einen stark abgesenkten Flusspegel mit einer etwa dreifach höhere Strömung vor, und viele interessante, seenartige Flachbereiche lagen einfach trocken. Im Canyon selber war das Wasser so schnellfließend, dass ich mir wie am Fraser River in Kanada vorkam. Und ebenso berauschend waren auch die Felsabbrüche um uns herum, doch wo waren nun die Zander bei diesen veränderten Bedingungen?

Zusammen mit Zoran, Bruno und Denny betreute ich auf unserem Teamerboot unsere Gäste. Die ersten vier Tage war die Gruppe von Berndt mit insgesamt sechs Anglern dabei, die hauptsächlich den Wallern nachstellen wollte. Doch unser Unglück wurde noch schlimmer: Am Anreisetag suchte uns ein heftiges Gewitter heim, Straßen wurden überspült und mussten anschließend von Geröll geräumt werden. Durch den flachen Wasserstand und die ausgedehnten Schlammufer waren weiterhin die meisten Slipstellen nicht passierbar, und es war alles andere als einfach, alle vier Boote ins Wasser zu bekommen. Doch schließlich meisterten wir alle Herausforderungen und starteten zum ersten Angeltag. Wir konzentrierten uns auf den Bereich vor dem Eingang zur Schlucht, und während unser Teamerboot mit 14 Zandern bis 79cm einen ganz ordentlichen Start hinlegte, blieb das Wallerteam neben einem Zander ohne Welskontakt. Die nächsten beiden Tage fiel das Thermometer von hochsommerlichen 30°C auf 11°C mit Dauerregen und Sturmböen ab, die Fische wollten nicht mehr recht beißen. Immerhin konnten wir noch einen Wels von 1,66m landen, welcher sich den Zanderwobbler schnappte – ein weiterer ging im Drill durch aufgebogenen Haken verloren.

Am fünften Tag war wieder einmal großer Umzug angesagt, wir wollten die nächsten sechs Tage 20km stromab fischen. Dazu gesellten sich Thomas & Thomas, die vom Boot aus durchgehend auf Waller abspannen wollten, sowie Christian und Günter, welche neben dem aktiven Welsangeln auch auf Zander fischten.

Die Temperaturen stiegen wieder auf 30°C an, das Wasser lag bei 18-20°C. Wir suchten die Zander zunächst mit mäßigem Erfolg in der Nähe des versunkenen Holzes. Erst als wir herausfanden, dass die meisten Fische direkt im Holz auf meist nur 1-3m Wassertiefe standen, stellte sich regelmäßiger Erfolg ein und das beste Tages-Bootsergebnis lag bei 21 Zandern und einem Rapfen. Oft waren die Holzstämme so dicht, dass annähernd jeder Wurf einen Hänger brachte und zu extremen Verlustraten führte. Am Ende fischte ich erfolgreich mit einer 0,31er Geflochtenen, um möglichst viele Haken wieder aus dem Holz herausbiegen zu können! Die Waller stellten sich jedoch weiterhin stur, lediglich drei halbstarke schnappten nach Zander-Kunstködern. Insgesamt sechs Ansitznächte mit besten Köderfischen brachten lediglich zwei Bisse, wobei ein Fisch erst die Rollenbremse und dann die Schnur zerstörte. Alle Versuche mit dem Wallerholz scheiterten ebenfalls, da die Strömung zu stark war – oder waren die Welse einfach schon in der Laichzeit?

Trotz der erschwerten Bedingungen und mäßigen Fängen hatten wir alle durchgehend eine Menge Spaß, und ich möchte mich bei allen für Pioniergeist und stets gute Laune bedanken! Was lässt sich nun für die Zukunft über die Donau an den Iron Gates sagen? Nun ja, wir haben großen Zander gesehen. Bei den Berufs-Netzfischern haben wir selber zwei Zander von 90 und 93cm gemessen, bei einem einheimischen Angler einen von 92cm und in einem Restaurant hing ein ausgestopftes Tier von 99cm. Für die Berufsfischer schienen Zander von 5-10kg nichts Außergewöhnliches zu sein! Mir stieg selber ein sehr großer Zander unter dem Boot aus, als die Schnur in die Ankerleine kam. Großzanderpotenzial besteht also allemal, und bei normalen Bedingungen und zur kälteren Jahreszeit sollte hier einiges möglich sein. Ich werde es ganz sicher nochmal ausprobieren!

Statistik

Zander: Ca. 70 (40 – 79cm)

Waller: 4 (bis 1,66m)

Rapfen: 7

Hecht: 1